Interview mit Ekkehard Brysch, Geschäftsführer der Berliner Start-Up-Schmiede Athenion
Ekkehard Brysch, der Geschäftsführer der an ImmunoLogik beteiligten Athenion AG aus Zürich, war im Interview mit Aescuvest, welches wir hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlich dürfen.
Aescuvest: Herr Brysch, können Sie bitte kurz schildern, was die Athenion genau macht?
Ekkehard Brysch:
Die Schweizer Athenion AG und ihre deutsche Tochter, die Athenion GmbH identifizieren seit 2005 interessante Entwicklungsprojekte im Life Science Bereich. An solchen Projekten bzw. Unternehmen beteiligen wir uns finanziell, vor allem aber stellen wir eine umfassende Infrastruktur bereit, auf deren Grundlage die Beteiligungen sich schnell und professionell weiterentwickeln können.
Sobald ein Entwicklungsstand erreicht ist, der den Erfolg erkennen lässt, bieten wir externen Investoren an, sich neben uns an diesen Unternehmen zu beteiligen. Wir bleiben aber immer mit an Bord.
Aescuvest: Wie sieht das Beteiligungsportfolio der Athenion AG derzeit aus? Gibt es bestimmte Schwerpunkte, bestimmte Bereiche, in die Sie besonders gerne investieren?
Ekkehard Brysch:
Der Schwerpunkt unserer Beteiligungen liegt im Bereich der pharmazeutischen Wirkstoffentwicklung. Wir suchen hier gezielt nach vielversprechenden Ansätzen, die die Phase der Forschung erfolgreich hinter sich gelassen haben und bei denen es jetzt um die Entwicklung von zulassungsfähigen Produkten geht. Im Augenblick haben wir in diesem Bereich vier sehr attraktive Beteiligungen. Unser Schwerpunkt liegt im Bereich antientzündlicher und antiviraler Wirkstoffe. Es gibt auch ein sehr interessantes Projekt im Bereich der Dermatologie, dort haben wir einen von BAYER entwickelten Wirkstoff übernommen.
Aescuvest: Was sind Punkte, auf die Sie besonders achten, wenn Sie sich an einem Start-Up beteiligen?
Ekkehard Brysch:
Wichtig ist für uns, dass ein Entwicklungsprojekt nicht nur wissenschaftlich „Hand und Fuß“ hat und ein sehr gutes Team dahintersteht, es geht uns als Unternehmen natürlich auch darum, dass die Projekte gute Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg haben. Wir setzen daher auf innovative Entwicklungen, die einen großen „medical need“ im Fokus haben.
Aescuvest: Sind sie bei Ihrer Entscheidung, ob Sie sich an einem Unternehmen beteiligen eher durch ein hohes Renditepotential motiviert oder spielt der potentielle „Impact“ auch eine Rolle in der Entscheidungsfindung?
Ekkehard Brysch:
Beides ist der Fall. Wir wollen vor allem in den Bereichen investieren, in denen wir neben finanziellen auch inhaltliche Beiträge leisten können. Bei aller Begeisterung für wissenschaftliche Durchbrüche muss eine Entwicklung am Ende auch eine attraktive Rendite erbringen können. Das sind wir unseren Gesellschaftern und vor allem auch den externen Investoren schuldig.
Aescuvest: Sie verfügen über mehr als 17 Jahre Erfahrung im Bereich Pharmabeteiligungen und -entwicklung. Mit diesen Themen verbindet man lange Entwicklungszeiten, hohen Finanzbedarf und große Risiken. Was reizt Sie persönlich daran, sich in dieser Branche zu engagieren?
Ekkehard Brysch:
Das sind verschiedene Dinge. Zum einen sind Entwicklungen, die zu einer sicheren und erfolgreichen Behandlung bislang nicht oder schlecht behandelbarer Krankheiten führen eine große und spannende Herausforderung. Der hohe Finanzbedarf trägt nicht minder zur Herausforderung bei. Zum anderen ist ein Investment in solche Entwicklungen auch aus geschäftlicher Sicht – ab einem bestimmten Entwicklungsstand – attraktiv. Der Wunsch, gesund zu werden und zu bleiben ist nicht von konjunkturellen Schwankungen abhängig. Es gibt noch viele nicht behandelbare Krankheiten, das ist auch ethisch eine große Herausforderung. Natürlich gibt es auch im Entwicklungsprozess noch Risiken, aber Fortschritt wird aus dem Mut gemacht, diese Risiken einzugehen.
Aescuvest: Sie sind mit Athenion als Ankerinvestor an der ImmunoLogik GmbH beteiligt, die gerade über eine Crowdinvesting Kampagne bei Aescuvest Kapital einsammelt. Wie darf sich der interessierte Investor die Zusammenarbeit zwischen Athenion und ImmunoLogik vorstellen?
Ekkehard Brysch:
Wir begleiten die ImmunoLogik bereits seit einigen Jahren. Angefangen haben wir mit der Forschung und Entwicklung des HIV-Wirkstoffkandidaten IML-106. Als sich Anfang diesen Jahres die globale Bedrohung von SARS-CoV-2 abzeichnete und das Team der ImmunoLogik ihre Arbeiten an einen Wirkstoffkandidaten gegen das neue Coronavirus aufnahm, haben wir von Anfang an diese Arbeiten angesichts des globalen Ausmaßes der Pandemie unterstützt. Sicher ist es auch aus unserer Investorensicht ein schöner Glücksfall, dass das Team der ImmunoLogik so schnell einen vielversprechenden Wirkstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 identifiziert hat. Auf die bisherigen Forschungsergebnisse zu IML-106 können wir aufbauen und es beginnt jetzt die Entwicklung zu einem Medikament, das hoffentlich in einigen Jahren bei einem wahrscheinlich neu auftretenden Coronavirus sofort zur Verfügung steht und damit viele Leben retten kann. Wir alle müssen aus den Fehlern der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie lernen und nicht erst wieder die Entwicklung eines neuen Medikamentes beginnen, wenn es schon zu spät ist.
Wir stellen neben weiteren Finanzmitteln unsere Infrastruktur z. B. im Bereich des Patentwesens, der Steuerung von Entwicklungsprozessen, des Qualitätsmanagements usw. zur Verfügung und ermöglichen es dem Team um Dr. Christian Setz dadurch, die notwendigen Entwicklungsschritte sehr gezielt umzusetzen. Die Zusammenarbeit ist mit allen unseren Beteiligungsprojekten immer sehr eng. Das ist auch das Geheimnis des Erfolges.
Aescuvest: Was hat sie dazu bewegt, sich bei ImmunoLogik zu beteiligen?
Ekkehard Brysch:
Wie schon gesagt, die damalige Tatsache, dass das Team um Professor Dr. Ulrich Schubert und Dr. Christian Setz einen Wirkstoffkandidaten gefunden hat, der HIV-Patienten, bei denen die gut entwickelten Standardtherapien nicht oder nicht mehr helfen können zu überleben, war für uns eine ausreichende Motivation. Unsere Beteiligung wird bestärkt duch die guten Erfahrungen der bisherigen Zusammenarbeit und auch durch den weiteren Wirkstoffkandidaten IML-206 gegen SARS-CoV-2. Wenn die Wirkstoffkandidaten halten, was sie in zahlreichen präklinischen Studien versprochen haben, sind das natürlich nicht nur medizinisch, sondern auch geschäftlich hochattraktive Projekte. Wir glauben fest daran!
Aescuvest: Was macht Ihrer Meinung nach ImmunoLogik anders, als all die großen Pharmaunternehmen, die seit Jahrzehnten antivirale Medikamente entwickeln?
Ekkehard Brysch:
Die Forschung an antiviralen Medikamenten hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht hat und die modernen antiviralen Medikamente können einer großen Zahl von Infizierten helfen, die Infektionen einigermaßen im Griff zu halten. Das ist eine großartige Leistung der Pharmaforschung! Allerdings gibt es, wie wir jetzt erfahren müssen, immer wieder neue Virusvarianten, die nach neuen Wirkstoffen verlangen, es gibt darüber hinaus Resistenzen und Unverträglichkeiten gegen die existierenden Therapien.
Für Virologen ist das keine Überraschung, sondern zu erwarten, da das Genom von Viren sehr schnell mutiert uns so immer neue Virusvarianten entstehen. Diesen Patienten kann dann schlimmstenfalls nicht mehr geholfen werden. Das ist – nicht nur für die ImmunoLogik – eine große Herausforderung. Auch kommt noch hinzu, dass es bei vielen Viruserkrankungen, so wie aktuell auch bei SARS-CoV-2 noch gar keine spezifischen antiviralen Behandlungsmöglichkeiten gibt. Ich kann Ihnen nicht sagen, was wir anders machen als „big pharma“. Vielleicht sind wir etwas schneller und wendiger als die großen Schiffe? Und wir haben das große Glück, dass das Entwicklerteam von ImmunoLogik hochinteressante neue Wirkstoffkandidaten gefunden hat, die genau diese vorhandenen Therapielücken schließen könnten. So etwas kann man nicht unbedingt planen, dazu gehört viel Forscherglück und natürlich die Gabe, Chancen zu erkennen und für uns der Mut, dahinein zu investieren.
Aescuvest: Lieber Herr Brysch, haben Sie vielen Dank für dieses Interview!
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